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Zeitlich befristete Umsatzsteuersenkung – Worauf Unternehmen jetzt achten müssen

Stand:
Thematik: Steuern und Rechnungswesen

Die temporäre Absenkung der Umsatzsteuer ist Herzstück des Konjunkturpaketes der Bundesregierung. Wir zeigen Ihnen, warum eine zutreffende Rechnungsstellung für Unternehmer von zentraler Bedeutung ist.

Seit dem 1. Juli 2020 und zeitlich begrenzt bis zum 31. Dezember dieses Jahres gilt ein regulärer Umsatzsteuersatz von nur noch 16 statt bisher 19 Prozent. Auch der ermäßigte Steuersatz wurde bis Ende dieses Jahres abgesenkt – von sieben auf fünf Prozent. Nicht abgesenkt wird dagegen der pauschale Umsatzsteuersatz für landund forstwirtschaftliche Betriebe von 10,7 beziehungsweise 5,5 Prozent. Es ist nicht nur die erste Änderung des Regelsteuersatzes seit mehr als 13 Jahren. Es passiert überhaupt zum ersten Mal seit Einführung des Umsatzsteuersystems in seiner heutigen Form, dass der Regelsteuersatz gesenkt und nicht angehoben wird. Dass diese Änderung nur befristet angelegt ist, ist ebenfalls ein Novum.

In der Praxis führt die Absenkung zu vielen Abgrenzungsproblemen. Wir geben Ihnen Tipps und Hinweise zu den wichtigsten Fragen.

Maßgeblich für den Steuersatz ist der Zeitpunkt der Leistungserbingung! Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die zutreffende Anwendung des Steuersatzes kommt es einzig darauf an, wann die Leistung ausgeführt worden ist:

 

Lieferungen

Lieferungen gelten dann als ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erworben hat. Wird der Gegenstand befördert oder versendet, ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung oder Versendung ausgeführt.

 

Sonstige Leistungen

Dienstleistungen und andere sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sonstige Leistungen sind im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt.

 

Teilleistungen

Teilleistungen kann es dann geben, wenn eine Leistung wirtschaftlich sinnvoll teilbar ist. Außerdem müssen Auftraggeber und Auftragnehmer für die einzelnen Teilleistungen gesonderte Entgelte vereinbart haben. Nur wenn das der Fall ist, ist für die Bemessung der Umsatzsteuer nicht der Zeitpunkt der Gesamtleistung relevant, sondern jeweils der Zeitpunkt der Erbringung der einzelnen Teilleistung.

 

Unentgeltliche Wertabgaben (Eigenverbrauch)

Entnimmt ein Unternehmer Leistungen aus dem Betriebsvermögen für den eigenen, privaten Bedarf, muss er dafür auch Umsatzsteuer zahlen. Ein Beispiel ist ein Betrieb, der eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert hat und den erzeugten Strom zum Teil für das private Wohnhaus nutzt. Die Umsatzsteuer für unentgeltliche Wertabgaben entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums (Monat, Quartal oder im Ausnahmefall Kalenderjahr), in dem dieser Eigenverbrauch ausgeführt worden ist.

 

Innergemeinschaftlicher Erwerb (Lieferungen aus anderen EU-Staaten)

Innerhalb der EU werden Waren, die Unternehmen über Ländergrenzen hinweg austauschen, grundsätzlich im Staat des Erwerbers versteuert. Beim innergemeinschaftlichen Erwerber entsteht die Umsatzsteuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Monats.

Auch bei Anzahlungen auf den Liefertermin achten Fallen Anzahlung und Lieferung einer Ware nicht in einen Zeitraum, in dem derselbe Steuersatz gilt, werden Berichtigungen notwendig.

Beispiel:

Ein nicht vorsteuerabzugsberechtigter Kunde, zum Beispiel ein Arzt, bestellt im Juli 2020 bei einem Händler ein medizinisches Gerät für 23.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Als Liefertermin wird Oktober 2020 vereinbart. Bei Bestellung leistet der Kunde bereits die Hälfte des Kaufpreises als Anzahlung. Auf die Anzahlung erhebt der Händler eine Umsatzsteuer von 16 Prozent – also gemäß dem seit Juli geltenden Regelsteuersatz. Dann platzt aufgrund von Lieferengpässen die geplante Auslieferung im Herbst, und der Kunde erhält das Gerät erst im Februar 2021. In diesem Beispiel wird die Leistung – die Lieferung der Geräts – erst im neuen Jahr ausgeführt. Da der Bund den Regelsteuersatz nur bis zum 31. Dezember 2020 abgesenkt hat, entfallen auf das Gerät 19 Prozent Umsatzsteuer und nicht 16 Prozent. Der Lieferant hat in diesem Beispiel sowohl in der Schlussrechnung gegenüber dem Kunden als auch bei der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2021 beim Finanzamt die zu niedrig angesetzte Umsatzsteuer aus der Anzahlung zu berichtigen.

 

Unrichtigen Umsatzsteuerausweis vermeiden

Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen können sich die ihnen von Lieferanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstatten lassen. Was aber macht man, wenn ein Lieferant eine falsche Umsatzsteuer ausweist? Stellt ein Unternehmer eine Rechnung mit dem bisherigen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent aus, erbringt die Leistung aber zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2020, liegt eine unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer vor. Laut Gesetz schuldet der leistende Unternehmer bei einem zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag grundsätzlich auch den Mehrbetrag. Der zu hoch ausgewiesene Steuerbetrag kann vom vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger aber nicht als Vorsteuer abgezogen werden.

Beispiel:

Der Unternehmer A hat am 20. Juni 2020 Unternehmer B eine Rechnung über 10.000 Euro zuzüglich 1.900 Euro Umsatzsteuer ausgestellt. Unternehmer B überweist umgehend 11.900 Euro. Die Leistung wird aber erst am 7. August 2020 ausgeführt. Beim Rechnungsbetrag von 11.900 Euro beträgt die darin enthaltene Steuer auf Basis des korrekten Steuersatzes von 16 Prozent nur 1.641,38 Euro. Unternehmer A muss auch die Differenz zwischen dem von ihm ausgewiesenen und dem korrekten Wert (1.900 – 1.641,38 = 258,62 Euro) als Umsatzsteuer abführen. Unternehmer B kann nur die gesetzliche Umsatzsteuer von 1.641,38 Euro als Vorsteuer abziehen. Allerdings darf Unternehmer A die Rechnung berichtigen. Dabei ist oftmals zu klären, ob die Vertragsparteien zivilrechtlich eine Netto- oder Bruttopreisvereinbarung abgeschlossen haben.

Aus Gründen der Vereinfachung wird die Finanzverwaltung es nicht beanstanden, wenn ein Unternehmer für eine nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. August 2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1. Juli 2020 geltenden Steuersatz ausweist, diesen Steuerbetrag abführt und den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt. Das sieht ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die obersten Finanzbehörden der Länder vor. Weiter heißt es darin, einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger werde aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen unrichtigen Rechnungen im selben Übergangszeitraum ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt.

 

Sonderfälle: Was passiert mit Gutscheinen, Mitgliedsbeiträgen, Mieten und Lizenzgebühren?

Bei Gutscheinen muss darauf geachtet werden, ob es sich um Einzweck- oder um Mehrzweckgutscheine handelt. Bei einem Einzweckgutschein wird die Herausgabe des Gutscheins als Lieferung angesehen. Bei einem Mehrzweckgutschein kommt es auf den Zeitpunkt der Leistungsausführung an, die mit dem Gutschein beansprucht werden kann.

Steuerpflichtige Mitgliedsbeiträge für das Kalenderjahr 2020 unterliegen im Regelfall dem verminderten Umsatzsteuersatz, wenn die Mitgliedschaft erst mit Ablauf des 31. Dezember 2020 als erfüllt gilt.

Bei Dauerleistungen wie zum Beispiel Miet-, Pacht- und Leasingverträgen ist sicherzustellen, dass die Verträge – sofern sie umsatzsteuerlich Rechnungen darstellen – angepasst werden. Alternativ sind entsprechende Dauerrechnungen anzupassen.

Die Steuersenkung kann auch Jahresleistungen wie Lizenzgebühren betreffen. Wenn diese Leistungen mit Ablauf des 31. Dezember 2020 als erbracht anzusehen sind, ist für diese der verminderte Umsatzsteuersatz anzuwenden. Ist die Zahlung für das Jahr vorab geleistet worden, ist eine Anpassung der Abrechnung erforderlich.

 

Bildnachweis: ©Anton Belovodchenko / fotolia.com

 

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