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Mitunternehmerstellung in einer Freiberuflerpraxis setzt Mitunternehmerrisiko und -initiative voraus – Gewerbliche Infizierung von Personengesellschaften vermeiden

Stand:
Thematik: Recht Steuern und Rechnungswesen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil aus November 2015 entschieden, dass ein Zusammenschluss von Freiberuflern gewerbliche Einkünfte erzielt, wenn die Freiberufler auch einen Berufsträger aufnehmen, der leitend und eigenverantwortlich arbeitet, aber nicht als Mitunternehmer im einkommensteuerlichen Sinne zu behandeln ist.

In dem vom BFH entschiedenen Fall betrieben zwei Ärzte eine Gemeinschaftspraxis. Sie nahmen eine weitere Ärztin in die Praxis auf und schlossen mit ihr einen als Gesellschaftsvertrag bezeichneten Vertrag. In diesem Vertrag war unter anderem geregelt, dass die hinzugekommene Ärztin lediglich eine Vergütung, entsprechend dem von ihr selbst erzielten Umsatz, erhalten sollte. Darüber hinaus war sie am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt, auch nicht an den sogenannten stillen Reserven, insbesondere beim immateriellen Praxiswert.

Die rechtliche Folge ist nach dem Urteil der Richter, dass ein derartiger Zusammenschluss von Ärzten gewerbliche Einkünfte erzielt. Das wiederum löst zum Beispiel eine Gewerbesteuerpflicht aus und kann Auswirkungen auf die Art der Gewinnermittlung haben. Zwar besteht die Möglichkeit, gezahlte Gewerbesteuerbeträge auf die Einkommensteuer anzurechnen. Die volle Anrechnung erfolgt jedoch nur in Gemeinden mit einem Hebesatz bis 380 Prozen; in Gemeinden mit höheren Gewerbesteuerhebesätzen wird die Gewerbesteuer nicht vollständig angerechnet. Ferner setzt die Gewerbesteueranrechnung voraus, dass auch entsprechend hohe Einkommensteuerbeträge festgesetzt werden. Insbesondere wenn Freiberufler Verlustzuweisungen aus anderen Aktivitäten oder Beteiligungen haben, kann es passieren, dass die grundsätzliche Gewerbesteueranrechnung ganz oder teilweise ins Leere läuft, weil gar keine Einkommensteuer gezahlt werden muss.

 

Im Streitfall ließ der BFH offen, ob die Ärztin überhaupt als Gesellschafterin einer GbR im zivilrechtlichen Sinne anzusehen war. Dass sie im steuerrechtlichen Sinne Mitunternehmerin sei, lehnte das Gericht jedoch im betreffenden Fall ab. Bei einer Mitunternehmerschaft muss jeder Mitunternehmer ein Mitunternehmerrisiko tragen und eine Mitunternehmerinitiative ausüben können, also am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens beteiligt sein und an unternehmerischen Entscheidungen – zumindest durch Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte - teilhaben können.

Der BFH stellte im Streitfall fest, dass weder Mitunternehmerrisiko noch Mitunternehmerinitiative bei der neu aufgenommenen Ärztin vorlagen. Die Gemeinschaftspraxis erzielte somit keine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, mit der eine Gewerbesteuerpflicht hätte verhindert werden können. Freiberufliche Tätigkeit setzt voraus, dass ein Freiberufler aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Ein Freiberufler darf sich zwar fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, muss aber deren Arbeitserfolg stets kontrollieren und auch verantworten. Dieses lag im Streitfall nicht vor, da die Ärztin die ihr zugeteilten Patienten eigenverantwortlich behandelt und betreut hat. Wegen dieses Merkmals müssen die gesamten Gewinne der Gemeinschaftspraxis als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen.

 

Um zu verhindern, dass Gemeinschaftspraxen in vergleichbaren Fällen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, könnte gegebenenfalls ein Anstellungsverhältnis begründet werden, dass die Befugnisse des/der hinzutretenden Fachkollegen/in im notwendigen Mindestumfang einschränkt. Eine Gewinnbeteiligung ist für die Anerkennung eines Dienstvertrages nicht schädlich. In der Praxis werden Angestelltenverhältnisse oftmals dann gewählt, wenn in der Anfangsphase einem neu in eine Gemeinschaft eintretenden Fachkollegen noch nicht alle Rechte und Befugnisse eines Mitgesellschafters zugestanden werden sollen.

 

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